Dienstag, 20. April 2010

Das neue Antiphonale Romanum


Über 30 Jahre nach Erscheinen der Liturgia Horarum ist es nun endlich möglich, die Vespern der Sonn- und Feiertage nach der aktuellen Liturgie auch gregorianisch zu singen. Ende 2009 ist nämlich der erste Band des neuen Antiphonale Romanum in Solesmes erschienen, genauer: Band II mit den Vespern der Sonn- und Feiertage.

Mir liegt der Band nun vor. Ich will mal kurz das Ergebnis einer ersten Sichtung beschreiben, ohne den Anspruch zu erheben, eine kompetente Beurteilung vornehmen zu können.

Das Format (14 x 21 cm) entspricht dem des Graduale Romanum, der Einband ist fest und aus rotem Kunstleder, der Seitenumfang beträgt 786. Mit ca. 3 cm ist der Band nicht übermäßig dick. Er enthält zwei Lesebändchen (rot und gelb), was gerade ausreicht, wenn man die gleich bleibenden Texte auswendig kennt; ein oder zwei Bändchen mehr wären aber besser.

Der Titel lautet
LITURGIA HORARUM IUXTA RITUM ROMANUM
ANTIPHONALE ROMANUM
IN CANTU GREGORIANO
AD EXEMPLAR ORDINIS CANTUS OFFICII DISPOSITUM
II
AD VESPERAS IN DOMINICIS ET FESTIS

Vorangestellt ist dem Werk ein Dekret der Gottesdienstkongregation, in dem enthaltene Änderungen gegenüber dem Ordo cantus Officii von 1983 approbiert werden.
Der Druck ist zweifarbig (rot und schwarz), wobei die eigentlichen Rubriken in schwarzer Kursivschrift dargestellt werden. Die verwendete Kursivschrift wirkt teilweise etwas unruhig und ist anscheinend nicht optimal zugerichtet/gekernt.
Enthalten ist alles, was für die (1. und 2.) Vesper der Sonntage sowie der Hochfeste und Feste des Generalkalenders benötigt wird. Ebenso sind der Gründonnerstag, der Karfreitag und der Ostermontag enthalten. Für Kirchweih- und Apostelfeste finden sich Communia. Für gewisse Eigenhochfeste wie Patronatsfeste ist der Band also nicht ausreichend.

Der Inhalt beginnt mit dem Proprium de Tempore mit einem Umfang von 445 Seiten.
Für die Sonn- und Feiertage des Weihnachts- und des Osterfestkreises finden sich dort der Hymnus (stets mit allen Strophen ausnotiert; wo ein Hymnus an mehreren Tagen vorkommt, wird mit Verweisen gearbeitet), die Antiphonen mit Angabe der zu Grunde liegenden Bibelstelle und des Psalmtons (Endung nach der Antiphon ausnotiert: E u o u a e), die vollständigen Psalmtexte, wobei die musikalischen Akzente typografisch hervorgehoben werden, die Kurzlesung, das Responsorium (hier wird ebenfalls mit Verweisen gearbeitet), die Magnificat-Antiphon, die Fürbitten und die Oration.
Für die Zeit im Jahreskreis sind, nach Lesejahren geordnet, die Magnificat-Antiphonen der einzelnen Sonntage angegeben, dahinter die Orationen der einzelnen Sonntage.
Dann folgen die Hochfeste des Herrn, die in die Zeit im Jahreskreis fallen.

Das Ordinarium umfasst 48 Seiten. Es enthält für den 4-Wochen-Zyklus Hymnus, Antiphonen, Psalmen, Kurzlesung, Responsorium und Fürbitten.

Das Proprium de Sanctis besteht aus 197 Seiten. Beim Weihetag der Lateranbasilika wird nur eine Magnificat-Antiphon für die 2. Vesper und eine Oration angegeben und auf das Commune verwiesen. Bei den Apostelfesten wird teilweise auf das Commune verwiesen, ansonsten haben alle enthaltenen Feste Eigentexte. Dazu gehören auch die Feste der Patrone Europas (hll. Cyrill und Methodius, hl. Katharina von Siena, hl. Benedikt, hl. Birgitta, hl. Theresia Benedicta vom Kreuz). Für Allerseelen ist eine Oration angegeben, für den Rest wird auf das Officium defunctorum verwiesen. Merkwürdigerweise ist auch der freiwillige Gedenktag des hl. Josef des Arbeiters am 1. Mai enthalten.

Die Communia (34 Seiten) beschränken sich auf das Commune dedicationis ecclesiæ und das Commune Apostolorum.

Es folgen das Officium defunctorum (10 Seiten) und die Toni communes (29 Seiten). Letztere enthalten die Eröffnungsformel (»Deus, in adiutorium ...«), und zwar mit zwei verschiedenen Melodien (eine für Sonntage und Feste und eine für Hochfeste); die verschiedenen Psalmtöne; ausnotierte erste Vershälften des Magnificat in verschiedenen Psalmtönen (bemerkenswerterweise wird hier anders als in der Liturgia Horarum die Vulgata- und nicht die Nova-Vulgata-Fassung verwandt); »Regulæ concordantium melodiæ cum textu«, für mich als musikalischen Laien sehr lehrreich; einen Ton für den Lesungsgesang (in den Lesungen selbst fehlen allerdings Zeichen, die darauf hinweisen, an welcher Stelle die melodischen Wendungen zu machen sind); einen Ton für das Responsorium breve (wobei mir nicht klar ist, ob das nur als Beispiel für die genaue Versabfolge oder als Alternative für die an Ort und Stelle ausnotierten komplizierteren Melodien zu verstehen ist); jeweils einen Ton für die Fürbitten, das Vater unser, die Oration, die Entlassung (durch einen Kleriker, einen Bischof, einen Laien); 7 nach Anlässen verschiedene Töne des Benedicamus Domino, das fakultativ verwendet werden kann.

Ein Anhang enthält mehrfach das Magnificat mit typografischen Hervorhebungen für den Gesang in verschiedenen Psalmtönen, einmal das Magnificat nach der Nova Vulgata (ohne typografische Hervorhebungen; hier offenbaren sich in der Überschrift Schwierigkeiten mit der lateinischen Grammatik: »secundum Nova Vulgata Bibliorum Sacrorum Editio«), die Hymnen Pange lingua gloriosi und Vexilla regis »secundum veterem Editionem Vaticanam« (entspricht beim Pange lingua GL 543) und schließlich die nach Textgattungen geordneten Indices.

Die Cantica Phil 2,6–11 (1. Sonntagsvesper), Col 1,12–20, Eph 1,3–10, 1 Petr 2,21–24 Ap 4,11; 5,9.10.12, Ap 11,17–18; 12,10b–12a und Ap 15,3–4 werden nach Art eines Psalms gesungen, ebenso 1 Tim 3,16 (wobei hier die zweite Hälfte der Antiphon nach jedem Vers wiederholt wird; in der Liturgia Horarum ist die Antiphon eine andere), das Canticum Ap 19,1–2.5–7 (2. Sonntagsvesper) ist vollständig ausnotiert, wobei die Verse auf eine einfache psalmtonähnliche Melodie gesungen werden.

Einen systematischen Vergleich mit der Liturgia Horarum habe ich noch nicht vorgenommen, es scheint aber durchaus einige Abweichungen zu geben.


Diese Rezension erschien zurerst in DIESEM FORUM, und wurde hier mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht.


Eine empfehlenswerte Bezugsquelle für den deutschsprachigen Raum ist der HARTKER-VERSAND.

2 Kommentare:

  1. Danke für den Hinweis. Du weißt vielleicht, daß es in der Liturgia Horarum im Jahreskreis inzwischen auch die Magnificat- und Benedictus-Antiphonen analog zum deutschen Stundenbuch in dreifacher Ausführung für die drei Lesejahre gibt. Ist das im Antiphonale auch berücksichtigt?

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  2. Ich habe Ihren Blog gerne in die Blog-Liste aufgenommen.

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