Mittwoch, 16. Dezember 2009

Die römische schola cantorum zur Zeit Gregors I.

Die liturgische Tätigkeit Gregors des Großen ist nur ungenügend bekannt. Eine Tradition aus karolingischer Zeit schreibt ihm mehrere liturgische Maßnahmen zu; der Wahrheitsgehalt der Tradition sowie der Umfang seiner Reformen ist nicht mehr festzustellen. Genannt werden: Einführung neuer Stücke in das Stundengebet, Zusammenstellung von Antiphonen und Responsorien, vor allem aber die Revision der liturgischen Bücher und des Gesangs. Sicher ist nur, dass sich um diese Zeit in Rom eine Reform und Ausgestaltung vollzog, aus denen das römisch-benediktinische Stundengebet hervorgegangen ist.

Die Sängerschola - mag sie von Gregor gegründet worden sein oder nicht - sollte Knaben neben einer allgemeinen kirchlichen Bildung eine musikalische Schulung und liturgische Formung vermitteln; sie hat das Verdienst, die echten liturgischen Überlieferungen der römischen Kirche bewahrt und fortgepflanzt zu haben. Viele ihrer Mitglieder stiegen zur päpstlichen Würde empor oder bekleideten wichtige Ämter in der Kurie oder im römischen Klerus.

Zur Sängerschola zählten sieben Subdiakone; an der Spitze stand der "archicantor" oder "primicerius", dem der gesamte niedere Klerus der Ewigen Stadt unterstand. Er ist schwer zu sagen, welche Aufgaben die Schola im einzelnen zukamen und in welchen Kirchen sie das Stundengebet zu singen hatte; vielleicht war das nur in den Basiliken, vor allem am Lateran und in Sankt Peter, der Fall. Jedenfalls wird die Schola keine Konkurrenz für die Mönche dargestellt haben, die in diesen Basiliken Dienst leisteten; es ist nicht ausgeschlossen, dass einige Mönche der Schola angehörten und dass die Knaben in diesen Klöstern herangebildet wurden. Auf jeden Fall war der archicantor oft der Abt eines der Konvente, die den Gottesdienst in Sankt Peter zu besorgen hatten. Diese Basilika wurde mit den zugehörigen Klöstern und mit ihrer Schola bald zum Modell der römischen Liturgie, das den übrigen Kirchen der Stadt Vorbild war und sich später über das ganze Abendland verbreitete.

In Rom gründeten die Päpste zahlreiche Klöster bei den wichtigsten Kirchen: "Ut ad sanctam genetricem Dei singulis diebus atque noctubus laudes canerent", heißt es bei der Wiedererrichtung der beiden Klöster bei S. Maria Maggiore, "ut tribus per diem vicibus et nocte matutinas dicerent", anläßlich der Erneuerung der an Sankt Paul angeschlossenen Klöster (durch Gregor II., 715-731)
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Quelle: Georges Aimé Martimort: L'Eglise en prière - Deutsche Ausgabe: Handbuch der Liturgiewissenschaft, Bd. I, S.370/371, Herder 1963

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