Montag, 9. November 2009

Ich hab' einen in der Laterne...


Zu den Mysterien des kirchenmusikalischen Dienstes gehören für mich die Pfarrer und ihr... äh... recht niederschwelliger Zugang zur Musik. Anlässlich des Fronleichnamsfestes und des alljährlichen Martinsumzuges ist es in vielen Gemeinden üblich, dass nicht der Kirchenmusiker, sondern der Pfarrer sich um eine Blaskapelle kümmert. So war es gestern auch bei mir, als die beiden Pfarrkindergärten Sankt Martin (vorverlegt) mit einem Umzug mit Pferd, Laternen und allem Drum und Dran feierten. Und Blaskapelle.

Ich bin ja im Prinzip dankbar, wenn der Pfarrer mir die Arbeit abnimmt und sich selbst um die notwendige musikalische Begleitung für den Umzug sorgt. Allerdings sollte das Ergebnis dann so sein, dass man sich nicht fremdschämen muss oder nur gekrümmt vor Qualen am Laternenzug teilnehmen kann.

Unsereiner hätte nun einfach den örtlichen Spielmannszug oder die Kapelle des Schützenvereins eingeladen. Beide Ensembles sind auf solidem Laienniveau. Nichts Überragendes, aber man weiss, was man hat und erlebt keine unangenehmen Überraschungen. Zudem proben die Gruppen vor Ort und man kennt die Dirigenten, was für vorhergehende Absprache nur von Vorteil ist. Mein Pfarrer hatte jedoch für die gestrige Feier einen Trupp Holländer organisiert. Wohl vor allem, weil sie so billig preisgünstig waren.

Abgesehen davon, dass keiner wusste, wie der Umzug abzulaufen hätte und die Kapelle keinen Liedplan hatte, tat die Kapelle alles mögliche - nur nicht sauber blasen. Den Auftritt als "Katastrophe" zu bezeichnen, wäre noch schmeichelhaft. Die acht Mann hatten sich offenbar vorher schon mit diversen Spirituosen angewärmt. Gestimmt wurde nicht, weshalb die Trompeten und die tieferen Instrumente exakt einen Halbton auseinanderlagen, als das erste Stück angespielt wurde. Während des einstündigen Umzugs sah man sich nicht genötigt, diesen Mißklang zu beheben. Dass darüberhinaus kaum ein Ton stimmte, die Instrumente kieksten und röchelten, den Rhythmus nicht hielten und zahlreiche - nicht der Kälte geschuldete! - Aussetzer hatten, machte das Maß noch voll.

Etliche Teilnehmer des Umzuges hatten ihr Gesprächsthema gefunden, und erregten sich über die unterirdische Leistung der Bläser. Schade, denn an St. Martin sollte eigentlich Anderes im Vordergrund stehen.

Eine Lektion habe ich in jahrelangem Kirchendienst gelernt: immer, wenn man glaubt, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, geschieht es doch. So auch später in der Sakristei, als mein Pfarrer das Meßgewand ablegte und zufrieden seufzte: "So, dass war doch ganz schön..." Der Gesichtsausdruck der Umstehenden sprach Bände.

Wie ich aus wohlinformierter Quelle erfahren habe, stand heute das Telefon im Pfarrbüro nicht still...

6 Kommentare:

  1. Ich mußte giggeln, dabei ist es zum Weinen. Was den Pfarrer betrifft: manche Menschen sind offenbar nicht von dieser Welt…

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  2. Hmmm. Irgendwie kommt mir diese Schilderung auch aus unserer Gemeinde bekannt vor. Da passiert sowas allerdings eher beim Pfarrfest...

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  3. ...Ach ja St. Martin, bei uns war am Freitag der Umzug, der katholische Kindergarten ist zu 50 % beteiligt, den rest hat die ehemals katholische Grundschule und ich mußte mich wieder einmal fragen warum den Kindern Lieder wie "Loop Müller Loop" (weiss jemand was das mit St. Martin zu tun hat?) und nicht "Sei gegrüt St. Martin Gottesmann" beigebracht werden. Als dann das abschließende "Großer Gott wir loben dich" im Aufbruch unterging hatte ich fast Tränen in den Augen stehen und mußte an einen ehemaligen amerikanischen Kollegen von mir denken, der während des WJT zu Besuch war und seine Bilderreihe "The pope in an unchristian land" nannte, denken.

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  4. getreu dem Motto " Geiz ist geil" werden Musiker ( oder solche, die es noch werden wollen), auf Kirchenfeste einbestellt, die einfach drauf los spielen. Harmonie scheint dabei völlig überbewertet. Daher ist es meistens laut , schrill und vor allem: günstig!!!

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  5. Komisch!

    Ich kenn das ganz anders. Bei uns spielen (allerdings zu Karneval und zum Winzerfest) auch immer Holländer. Die werden aber immer besser, je mehr sie einen im Tee haben.

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  6. *grins*

    Vielleicht liegt es daran, dass sie bei uns den "Schuss" ohne Tee getrunken hatten...

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