Montag, 12. Oktober 2009

Kirchliche Machtspiele — Chor wandert aus

Herrsching - Nach langwierigen Auseinandersetzungen hat Chorleiterin Elisabeth Schmidt der Pfarrei St. Nikolaus in Herrrsching den Rücken gekehrt - mit ihr der gesamte Chor.

Fast drei Jahrzehnte gab es in Herrsching einen Singkreis und später auch einen Frauenchor. Unter der Leitung der Kirchenmusikerin und ausgebildeten Sängerin Elisabeth Schmidt, die als Jugendliche selbst im Singkreis aktiv war, wurden die Chöre zusammengeführt. Schmidt, die kurzzeitig als Kirchenmusikerin angestellt war, diese Stelle als Mutter von drei kleinen Kindern aber nicht weiter komplett ausfüllen konnte, leitete weiterhin den Chor. Als Kirchenmusikerin wurde deshalb vor einigen Jahren Jeni Yun angestellt, die zumindest damals kein Interesse an der Chorarbeit gehabt haben soll. Weil aber die Pfarrei keine Teilung der Kirchenmusiker-Stelle wollte, wurde die Chorleiterin fortan über einen dafür gegründeten Freundeskreis der Kirchenmusik finanziert. Die arbeitsrechtliche Position wurde Elisabeth Schmidt indes zu unsicher. Sie wollte ihren Vertrag nur dann verlängern, wenn sie sich die Kirchenmusik mit der Organistin hätte teilen können.

Kirchenpfleger Josef Heiss und Pfarrer Franz Schmid verwiesen auf das Ordinariat in Augsburg: Eine Teilung der Stelle sei nicht erlaubt. Dass es durchaus Teilungen im Bistum gibt, räumt Pater Stefan Kling ein. Er ist Leiter des Amtes für Kirchenmusik in Augsburg. „Hauptberuflich ist die Stelle in der Regel durch eine Person besetzt, im nebenberuflichen Bereich mal so und so“, sagt er. Letztlich hänge die Entscheidung von der Pfarrei ab. Diese hatte sich offenbar nicht erweichen lassen. „Es gab keine gemeinsame Basis“, so Heiss, der den Auslöser darin sieht, dass der Freundeskreis in Schwierigkeiten geraten sei. Elisabeth Schmidt fühlt sich jedoch vergrault: „Plötzlich gab es zwei Halleluja bei der Messe.“ Alles von ihr sei abgewiegelt worden.

Mittlerweile werde ihr sogar verwehrt, als Sängerin in der Kirche zu singen, wenn sie darum privat gebeten werde – zum Beispiel bei einem Requiem. „Das trifft mich am meisten“, sagt die in Herrsching verwurzelte Sängerin, deren Mutter in St. Nikolaus schon Orgel spielte und deren Großvater dort Mesner war.

Den Freundeskreis gibt es nicht mehr, er wurde unterdessen aufgelöst. Elisabeth Schmidt kündigte die Zusammenarbeit auf und bietet ihre Arbeit jetzt über die Musiklehrervereinigung (MLV) an.

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Quelle:
MERKUR ONLINE

4 Kommentare:

  1. Hm, ich weiß nicht, was ich bei unseren deutschen Medien von der Sache selbst halten soll. Wer weiß, was da so alles noch im Hintergrund eine Rolle gespielt hat.

    Das Ergebnis ist jedenfalls traurig, keine Frage!

    Kirchenchöre proben übrigens gerne mal das Machtspiel. Ein befreundeter Pfarrer hat die mal auflaufen lassen und dann schließlich Fronleichnam ohne Chor gefeiert. Die Gemeinde war begeistert, weil sie wieder mehr zu singen hatte.

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  2. Das war dann wohl ein klassischer Fall von Eigentor...

    Ja, man muss solche Meldungen mit Vorsicht genießen. Leider kommt so etwas immer wieder vor. Vermutlich viel Lärm um nichts, was man nicht in einem vernünftigen Gespräch hätte klären können.

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  3. Ich kenne Frau Schmidt als eine sehr qualifizierte und engagierte Musikerin, die auch außerkirchlich gute Arbeit leistet, z. B. mit dem (K)Ammerchor Herrsching. Eine Frau, die weiß, was sie kann und darf - das vertragen manche Pfarrer wohl nicht, die an der neuen Pfarrstelle erst einmal alles Bewährte umkrempeln müssen.

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  4. Oh, ein kompetenter Mitleser. :-)

    Vielen Dank für diese Mitteilung. Ja, leider menschelt es manchmal sehr.

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